Versandpolitik und Retouren-Wahnsinn
Bekleidung online einzukaufen ist einfach und ein paar Teile mehr zu bestellen als geplant dabei kein Problem.
Im Gegenteil - mehr Teile zu ordern wird belohnt: mit versandkostenfreier Lieferung. Die Ware zurückzusenden ist ebenso unkompliziert und kostet nichts.
Mit dieser Strategie überträgt der Fast Fashion-Handel den schnellen Kaufimpuls aus dem stationären Handel in die Onlinewelt.
Die Ware ist günstig und die Hürde gering.
Laut einer Studie der Uni Bamberg aus 2018 geht im gesamten Onlinehandel jedes sechste Paket in Deutschland zurück - das wären im Jahr etwa 280 Mio. Pakete, die doppelt durch die Gegend gefahren werden. Im Bereich Mode und Bekleidung ist dieser Wert noch höher, hier geben manche Händler in Umfragen sogar an, bis zu 60 % ihrer Artikel zurückzuerhalten.
Das Phänomen beschränkt sich nicht auf den Onlinehandel allein, auch im stationären Bekleidungshandel wird gern schnell zugegriffen, aber auch ebenso gern und viel retourniert.
Retouren – Umsonst auf der Landstraße
Zur Umweltbelastung, die Produktion und Transport dieser Waren bewirken, kommt die Tatsache, dass nicht alle Rückläufer wieder in den Handel gelangen, sondern ein Teil einfach vernichtet wird. Der Warenwert ist häufig so gering, dass sich eine Kontrolle, Wiederaufbereitung und Neuverpackung nicht lohnt - der Schredder ist die günstigere Alternative. Überschüsse oder B-Ware zu spenden, ist in Deutschland für den Handel zudem unökonomisch, da die Umsatzsteuer trotzdem anfällt. Vernichtete Ware hingegen kann abgeschrieben werden.
Auch wenn die Politik seit Februar 2020 an einer Novelle des Kreislaufwirtschaftsgesetzes arbeitet, das den Handel beim Recycling stärker in die Pflicht nehmen soll - das Ausmaß der Überproduktion und des gedankenlosen Überkonsums ist aus unserer Sicht nicht tragbar.
Dass im Onlinehandel die Möglichkeit der Rücksendung gegeben sein muss, stellen wir nicht in Frage. Wohl aber die Verschwendung von Ressourcen und Energie, nur weil es so einfach und 'umsonst' ist.
Was also tun?
Gemeinsam Retouren minimieren ist möglich
Wir bei RYMHART bieten den Kunden einen intensiven Pre-Sale-Service. Mit unseren Größentabellen für jedes einzelne Produkt, ausführlichen Informationen zur Materialbeschaffenheit und Passform und der Möglichkeit, uns persönlich um Rat zu fragen, haben wir es geschafft, unsere Retourenquote auf konstant unter 20 % zu senken und freuen uns aktuell über stabile 18 %. Und das, obwohl nicht nur unser Sortiment langsam aber stetig wächst, sondern auch unser Kundenkreis und die Anzahl unserer versendeten Pakete.
Auch weisen wir Versandkosten offen aus und größere Bestellungen generieren entsprechend höhere Kosten. So entsteht nicht die Illusion, der Transport sei bedeutungs- oder gar kostenlos.
Ware zu vernichten ist bei RYMHART nicht denkbar. 98 % unserer Retouren können als A-Ware wieder in den Verkaufskreislauf starten.
Selten sind Auffrischungen nötig, Dank aufmerksamer Kunden, die Rücksendungen achtsam behandeln. Der kleine Anteil beschädigter Stücke wird aufgearbeitet und landet auf dem Secondhand-Ständer im Direktverkauf.
Zu guter Letzt produzieren wir keine vergänglichen Kollektionen, müssen also nie das Lager räumen und planen unsere Produktion akribisch. Überschüsse entstehen so erst gar nicht und Kunden werden auch nicht zu Impulskäufen verlockt, die sie später bereuen und rückgängig machen könnten.
Butter bei die Fische: Fast Fashion erzeugt mehr Treibhausgase als Flugverkehr und Schifffahrt zusammen. Die Modeindustrie ist damit Klimakiller Nummer eins. Auf Lösungen aus der Politik zu warten, wäre fatal und tut nicht Not.
Jeder einzelne kann Verantwortung übernehmen und sein Konsumverhalten überdenken, sich informieren und über das Thema sprechen.
Unsere Empfehlung zum Weiterlesen oder -hören: Neuer Höchststand bei Rücksendungen
Texte oder Audiodateien zum Thema vom Deutschlandfunk
Bild: Christoph Burgstedt / iStock